Auf den Charakter kommt es an!
Am 14.05.2024 fand einen Nachmittag lang ein Workshop zum Thema „Charakterentwicklung“ mit einer Klasse der HBLA für künstlerische Gestaltung in Linz statt. Hierbei bezieht sich der Begriff „Charakterentwicklung“ allerdings nicht auf das Kennenlernen eigener Wesenszüge, sondern wortwörtlich auf das Herantasten, Designen und Entwickeln eines eigenen Charakters oder einer eigenen Figur.
Auch, wenn die Mehrheit der Cosplayer*innen sich auf bereits bestehende oder abgewandelte Charaktere bezieht, kommen OCs (engl.: “original characters) immer wieder vor. Einen eigenen Charakter zu erfinden, dessen Backstory selbst zu schreiben, die Kleidung selbst zu entwerfen und eine Persönlichkeit zu erfinden kann ein weitgefächertes Skillset (er-)fordern, weshalb wir den Schüler*innen der HBLA dabei ein wenig unter die Arme greifen wollten.
Der Workshop, bestehend aus drei Teilen, begann mit einer Einführung ins Thema von unserem Role Model Julia aka „Ziora“. Die Cosplayerin bewegt sich seit 2009 in der bunten Szene und fertigt seither eigene Kostüme an. Durch mitgebrachte Props und Accessoires konnten die Schüler*innen einen kleinen Einblick darüber gewinnen, wie kreativ und ressourcenreich Cosplay eigentlich ist. Nähen, Schminken, Posen, Stylen und feinfühlige Detailarbeit stecken in den Kostümen; genauso wie eine große Portion learning by doing. Ihr Vortrag wurde durch eine Powerpoint-Präsentation mit zahlreichen Fotos aus dem eigenen Repertoire ergänzt und ließ uns hinter die Kulissen vom Entstehen eines Cosplays blicken. Außerdem gab es jede Menge hilfreiche Tipps und Tricks.
Darauf folgte ein Workshop Segment in Kooperation mit Elke Hackl von der Pädagogischen Hochschule Linz. Sie fokussierte in ihrem Zugang auf Sound (Klang) in Zusammenhang mit einem Charakter. Zur Veranschaulichung gab es Audio-Beispiele, bei denen man etwa anhand von unterschiedlich schnellen Schritten oder Tippgeräuschen darauf achten sollte, welche Eigenschaften man selbst damit assoziiert. Wie erkennt man eine Figur nur anhand ihrer Geräusche? Was nimmt man von einer Person wahr, wenn man sie gar nicht sieht? Im Anschluss wurde reflektiert, welche Wesenszüge man Figuren oder auch Menschen im Alltag, nur anhand von Gehörtem, zuschreibt.
Weiters beschäftigten wir uns kurz mit dem Projekt „Soundsuits“ von Nick Cave – ein Künstler, der mit seinen Soundsuits, die er als Reaktion auf die Polizeigewalt gegen Rodney King 1991 schuf, Identität und soziale Themen herausfordert. Diese extravaganten Kostüm-Skulpturen verbergen die Identität des/der Träger*in und erzeugen raschelnde Geräusche, die Bewegung und Emotion ausdrücken.
Zuletzt gab es einige Übungen aus dem Bereich des Impro-Theaters, um die müden Schüler*innen ein wenig für die letzte Einheit des Workshops aufzuwecken. Die von Mary Mayrhofer angeleiteten Übungen spielten vorrangig mit Gestik und Mimik. Hierbei sollten die Schüler*innen kurz vor die Tür gehen und in der Rolle einer willkürlich gewählten Lehrperson wieder hereinkommen. Der Rest der Klasse musste erraten, um wen es sich handelt – und hatte dabei ziemlich Spaß, mit überspitzten Charakteristika zu spielen.
Mit der verbliebenen Zeit haben wir noch einen Blick in das angefertigte kleine Aufgabenheft zur Charakterentwicklung geworfen. Die Idee dahinter ist, dass Schüler*innen sich individuell, und vor allem in ihrer eigenen Geschwindigkeit und auf ihre eigene Ausdrucksweise, spielerisch an das Thema herantasten können. Das Büchlein beinhaltet kleine Kapitel mit Aufgaben zum jeweiligen Schwerpunkt und soll dabei helfen, Schritt für Schritt auszuarbeiten, wer oder was die eigene Figur eigentlich ist; reichend von der Stimme bis hin zum Outfit.
Alles in allem war der Workshoptag vollgepackt mit Inputs und Anregungen, auf die die Schüler*innen im weiteren Verlauf des Projekts zurückgreifen können.
Autorin: Mary Maryhofer
Foto-Credits: Otelo eGen